Haltungsformen, die über der gesetzlichen Norm liegen, verursachen naturgemäß höhere Kosten für den Landwirten (größerer Platzbedarf, höherer Arbeitsaufwand, teureres Futter bei Bio oder GVO-frei etc.), die in Form eines höheren Preises für das ganze Tier abgegolten werden müssen. Da kaum ein Konsument im Supermarkt ein ganzes Schwein im Regal kauft, ist eine der größten Herausforderungen für die Vermarkter (in der Regel der jeweilige Markenbetreiber) von höheren Standards möglichst viele Teile dieses teureren Tieres auch unter der entsprechenden höherwertigen Auslobung teurer verkaufen zu können. Dies ist auch deshalb so herausfordernd, weil einzelne Teilstücke (Schnitzel, Filet, Spare ribs) als Frischfleisch wesentlich stärker gefragt sind als andere. Auch die kurze Haltbarkeit von Frischfleisch schränkt die Möglichkeiten ein. Die Herausforderung der Ganztiervermarktung ist nachvollziehbarer Weise bei Rind und Schwein deutlich größer als bei Huhn. Zusammenfassend: trotz Margenverzicht auf den Stufen der Verarbeitung und des Handels ist der Preisunterschied für die Konsument:innen offensichtlich zu hoch.
Ganz plakativ gesprochen, meine ich damit, dass niemand irritiert sein soll, wenn er einen Stall betritt. Hier gibt es einerseits kommunikativen Bedarf - das verklärte Bild einer landwirtschaftlichen Idylle leistet hier einen eher kontraproduktiven Beitrag. Und andererseits gibt es in der Schweinehaltung einen langjährigen Investitionsstau bei Landwirten, die sich fehlender Planungssicherheit ausgesetzt sehen. Viele Landwirte würden in Stallungen mit höheren Standards investieren, sind aber verunsichert, ob der aktuell festgelegte Rechtsrahmen auch langfristig hält.
Die Forderung nach höheren Tierwohlstandards gibt es gleichermaßen auch in Deutschland, Holland und anderen maßgeblichen Fleischproduktionsländern. Es ist klar, dass die Produktionsbedingungen im Einklang mit den gesellschaftlichen Forderungen stehen müssen – wir sehen es als Aufgabe des Gesetzgebers dafür zu sorgen, dass dies auch geschieht. Natürlich muss das in einem Markt mit freiem Warenverkehr abgestimmt erfolgen, damit es nicht zu einer Verzerrung des Wettbewerbs kommt. Zu starkes nationales Vorpreschen einzelner Länder könnte zu einer Verlagerung der Produktion in Länder mit niederen Standards führen und damit die Ziele nach höheren Tierwohlstandards konterkarieren. Aus dieser Sicht wäre es begrüßenswert, die rechtliche Umsetzung auf EU-Ebene zu heben.
Wir halten es für eine Errungenschaft der Lieferkette, dass das hochwertige Lebensmittel Fleisch für die Breite unserer Gesellschaft leistbar ist. Die Standardqualität, die in Österreich angeboten wird, ist hochwertig und kann zu leistbaren Preisen hergestellt werden. Es ist richtig, dass es heuer bei Schweinefleisch nicht gelungen ist, die deutlich gestiegenen Preise, die die Schlachtbetriebe den Landwirten für Schweine bezahlen, über die Lieferkette hinweg bis zum Konsumenten weiterzugeben. Diesbezüglich wiegt es schwerer, dass die Preise für Wurst- und Schinkenwaren nicht oder nur unzureichend angehoben wurden, zumal diese Kategorie ebenso wie der Außerhaus-Verkauf und der Export mengenmäßig deutlich relevanter ist als der Frischfleischverkauf im LEH.
Diese Frage habe ich mir ehrlicherweise noch nie gestellt – wir sehen Fleisch als ein äußerst wertvolles Nahrungsmittel an, das vielfach zu Unrecht in der Kritik steht. Dass Fleisch im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung einen wichtigen Stellenwert einnimmt, steht für uns außer Zweifel und kann auch objektiv schwer in Frage gestellt werden. Fleischersatzprodukte haben ihre Berechtigung, wir stellen sie auch her, aber sie haben aus meiner Sicht nicht das Potential Fleisch – egal ob Tierwohl oder konventionell - maßgeblich zu ersetzen.
Quelle: CASH vom 27.9.2023