••• Von Daniela Prugger
Quelle: medianet
VILLACH. Vor Kurzem erst appellierte Landwirtschafts- und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger für höhere Fleischpreise und macht die Branche damit wieder zum medialen Gesprächsthema. Wie Unternehmer wie Norbert Marcher zur aktuellen Preispolitik stehen und welche Themen die Hersteller sonst noch bewegen, erzählt er im Interview.
medianet: Elisabeth Köstinger sagte vor Kurzem in einem Interview mit profil: ‚Wir haben Griller um 800 Euro im Garten stehen – und legen eine Bratwurst um 80 Cent drauf. Das ist pervers.' Wie denken Sie darüber?
Norbert Marcher: Noch nie wurde Fleisch unter höheren gesetzlichen Standards hergestellt als heute und gleichzeitig ist es für alle Einkommensschichten erschwinglich – das sehe ich als Errungenschaft der gesamten Lieferkette zum Wohle der Konsumenten. Richtig ist, dass die gesamte Lieferkette, beginnend bei der Landwirtschaft über die Schlachtung und Verarbeitung bis hin zum LEH sehr kompetitiv ist und mit knappen Margen arbeitet. Gleichzeitig gibt es einen wichtigen Diskurs darüber, inwieweit die Form der Nutztierhaltung, vor allem bei Schweinen, noch zeitgemäß ist. Es ist unerlässlich, dass wir im Einklang mit den gesellschaftlichen Vorstellungen produzieren – die Frage der Mehrkostentragung ist unbeantwortet.
medianet: Wie sehen Sie die Situation der Bauern, die dem Preisdruck im Handel standhalten müssen? Welche Rolle und Verantwortung hat der LEH?
Marcher: In aller Regel gelingt es der österreichischen Fleischwirtschaft, die Preise für die Landwirte über dem Niveau der für uns maßgeblichen Benchmark Deutschland zu halten.
Wenn ein Supermarkt besonders günstige Fleischangebote bewirbt, dann kommt oft reflexartig die Unterstellung, dass die Bauernschaft unterdrückt wurde, um diesen Preis zu generieren. Dabei entspringen diese Preise in aller Regel Mischkalkulationen, bei denen der Handel auf einen Teil seiner sonst erforderlichen Spanne verzichtet. Das Fleisch wird unter denselben Standards hergestellt und mit dem üblichen Preis bei den Landwirten eingekauft, wie jenes, das eine Woche zuvor und eine Woche danach zum Normalpreis verkauft wird.
medianet: Derzeit wächst eine junge Generation heran, für die die Bekämpfung des Klimawandels höchste Priorität hat. Welchen Beitrag muss die Fleischbranche leisten?
Marcher: Es ist ein Gebot, sich der wichtigen Thematik Klimawandel ernsthaft zu stellen. Es handelt sich dabei um sehr komplexe Systeme, die in der öffentlichen Kommunikation meist verkürzt dargestellt werden. Der häufige Reflex, dass nur weniger Fleischkonsum die Lösung sein kann, greift zu kurz. Es gibt große Unterschiede in den Produktionsweisen zwischen Südamerika und Österreich. So verursacht die Produktion von fünf Kilo österreichischem Rindfleisch gleich viel CO2 wie nur ein Kilo in Südamerika.
Auch bleibt meist unerwähnt, dass Rinder in der Lage sind, Gras in wertvolle Lebensmittel wie Fleisch und Milch umzuwandeln. Grünland ist nicht nutzbar für die Nahrungsmittelproduktion ohne Rinder- oder Schafwirtschaft; ohne Rinderwirtschaft würde unser Grünland verwalden, mit allen Folgen für unseren Lebensraum und den Tourismus. Doch die Landwirtschaft ist nicht untätig – z.B. allein in den letzten 30 Jahren haben züchterische Erfolge den Ausstoß von CO2 pro Kilogramm Milch um 30 Prozent reduziert.
medianet: Wie wird denn Fleischkonsum in der Zukunft aussehen?
Marcher: Der Fleischkonsum befindet sich seit Jahrzehnten auf mehr oder weniger gleichbleibend hohem Niveau. Wie unser gesamtes gesellschaftliches Leben und unsere Ernährungsweise, ist auch der Fleischkonsum einem steten Wandel unterworfen. Die Ernährungsgewohnheiten ändern sich, passen sich den geänderten Lebensumständen an. Während unsere Großeltern Fleisch vorwiegend als Schweinsbraten, Geselchtes oder Bauernschmaus konsumierten, essen wir heute auch Sous-vide-Spare-Ribs und Salamipralinen. Fleisch ist wertvoll, gesund und ein Teil unserer Kultur – der Gesamtkonsum bei uns wird mit Sicherheit nicht weiter steigen, vielfach prognostizierte dramatische Rückgänge erwarten wir nicht.
medianet: Die Afrikanische Schweinepest hält die Branche noch immer in Atem. Welche Auswirkungen bringt die Seuche für Ihr Unternehmen?
Marcher: Als exportorientiertes Unternehmen ist es für uns so, wie für die gesamte Schweinewirtschaft wichtig, dass Österreich weiterhin die Möglichkeit hat, nach Ostasien zu exportieren, um auch jene Teile des Schweins wirtschaftlich zu verwerten, die bei uns kaum oder gar nicht nachgefragt sind.
Das Auftreten auch nur eines ASP-kranken Wildschweins in Österreich würde sofort zu einem Importverbot führen. In Deutschland war das ja bereits im September des Vorjahres der Fall und ein eklatanter Preisverfall war die Folge. Unter dem Aspekt, dass Ostungarn bereits intensiv von der ASP betroffen ist, sind hier entschlossene Schutzmaßnahmen kurzfristig erforderlich.